Wirklich ausgedacht ist selten etwas

Elektrisierautomat

Beinahe hättest du ihn übersehen, schnell ist es geschehen, dass du achtlos an ihm vorbei schlenderst, die Hände schwer beladen mit Bratwurstbrötchen oder Zuckerwatte. Aber wenn du acht gibt und aufpasst, kannst du dich auf ein Erweckungserlebnis freuen. Und zwar buchstäblich. Zwischen einer Losbude und vielleicht einem Fischbrötchenstand, bescheiden, schweigsam, majestätisch ruhend steht er da, das größte Kirchweihvergnügungsspektakel aller Zeiten und Völker: der Elektrisierautomat.

Die Zuckerwatte drückst du besser jemandem anderen in die Hand – nicht dass sie zu einem Klumpen Karamell zusammen schmort –, und es hilft, wenn du zuvor vier oder fünf Hofmann oder Ammerndorfer getrunken hast, weil: dann spürst du den Schmerz nicht so sehr. Dann wirfst du eine Münze in die Maschine und langst mit beiden Händen an die Griffe. Weil das sagt dir die Bedienungsanleitung. Und sie fährt fort: „Elektr. Spannung steigt allmählich, solange Knopf gedrückt wird.“

Nein – mehr musst du nicht wissen. Du hältst die Griffe fest, so lange wie du den Schmerz ertragen kannst. Dein Blick klebt an dem Zeiger, der sich langsam rechtsherum dreht, von Schürzenjäger über Angeber und Torero zu Pilot zu Rennfahrer zu Holzfäller zu Draufgänger zu Athl … „Aaaah! Ich kann nicht mehr!!“

Applaus brandet auf, Hände klatschen, ein frischer Krug Bier wird gereicht – das war eine respektable Leistung! Denn nur die coolsten aller coolen Jungs lassen nicht eher los, als die Nadel über „Weltmeister“ zittert, eine brennende Kippe locker im Mundwinkel hängend, und grünlich glimmen die auf ihre sonnengegerbten Unterarme tätowierten Anker. Irgendwo im Hintergrund kichert ein alter Elektriker.

Wer will noch mal? Wer hat noch nicht? Das gibt’s nur hier in Fürth, auf der Michaelis-Kirchweih …

Fürther Kärwa-Zeitung 2017. Den Automaten gibt es übrigens wirklich, zumindest stand er auch 2024 noch dort, wo man ihn für gewöhnlich auch vermuten würde.


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