Dass viele Menschen regelmäßig intensiv über Oktopusse nachdenken, liegt vielleicht auch an James Bond. Eventuell aber liegt der Reiz darin, sich mit einem menschlichen Geist in ein Wesen hineinzuversetzen, das doppelt so viele Extremitäten als man selbst besitzt. Und das zudem spielerisch mit einer riesigen Menge Saugnäpfe hantiert, als wäre es die Tastatur einer Orgel. Oder so.
Nr. 8
Damals, als der Mensch den kosmische Karren gegen die Wand gefahren und seinen Heimatplaneten endgültig versaut hatte, kam es ganz zum Schluss zu einer denkwürdigen Begegnung, die erst kürzlich zur Bekanntheit gelangte.
Viele Details liegen im Dunklen, immerhin vernichtete der Weltenbrand so ziemlich alle Aufzeichnungen, seien sie in Metall, Plastik oder in Stein gehauen worden. Doch mündlich überliefert ist die Frage, die der Anführer der Spezies, welche den verwüsteten Felsbrocken übernahm, dem nachhütenden Vertreter des homo sapiens stellte.
»Mensch!«, sprach der achtfach betentakelte Fürst. »Der Feuersglut folgte die Sintflut, der Abgang der Atmosphäre mündete in einer pechfinsteren Eiszeit – woran niemand anderes die Schuld trägt als du und deinesgleichen. Es ist gut, dass ihr nun verschwindet und dieses heimelige Gestirn uns überantwortet, die wir uns besser darum kümmern werden. Sehr viel besser sogar.«
Der oberste Oktopus pfiff heftig durch den Schnabel, wedelte mit seinen zirka sechs Armen und zwei Beinen und tauchte kurz den glockenförmigen Schwabbelkopf in eine Wanne gesalzten Wassers. Dann fuhr er umständlich fort: »Eines nur, eine einzige Sache würden wir gerne von euch übernehmen. Es wäre außerordentlich freundlich, wenn du mir, ehe du auf Nimmerwiedersehen dein Raumschiff besteigst, verraten würdest, wie er hergestellt wird, jener wahrlich göttliche Trunk, den ihr auf gar so vielfältig köstliche Weisen anzufertigen verstandet… wie lautete nochmal der Name?«
Und so kam es, dass die schaumgeborene Zivilisation der Riesenkalmaren mit einem dreiwöchigen Bierfest begann. Und umgehend auch schon wieder endete, indem kein, wirklich kein einziger Kopffüßler mehr aufrecht stehen konnte, und alle sich zurück in den Ozean schleppten, ihren achtfüßigen Kater zu kurieren.
aus: „Unser täglich Bier gib uns heute“, ein Almanach mit 366 Geschichten über’s Bier (von 31 Autor*innen), Tredition Selfpublishing Verlag, 2020.
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